Frauenspezifische Gewaltprävention: F.A.U.S.T.

Sina “Ryu” Ghasemi Pirouz, bekannt durch sein Gewaltpräventionsprojekt F.I.S.T., über welches wir hier schon ausführlich berichtet haben, hat 2 neue Konzepte ausgearbeitet, die demnächst an den Start gehen. Das Konzept “F.A.U.S.T.” richtet sich speziell an Frauen, die potentielle Opfer von Gewalt sein könnten. Kursleiterin wird Annika Gorochow sein – so steht das Angebot auch und vor allem Frauen zur Verfügung, die ein Angebot mit rein weiblicher Besetzung bevorzugen.

F frühes Reagieren
A Abstand halten
U um Hilfe rufen
S Stellung einnehmen
T Taktisch aktiv werden

Unterschied zwischen Gewaltprävention für Gewaltbereite (potentielle Aggressoren) und für Frauen (potentielle Opfer eines Gewaltverbrechens):

Hier soll den Teilnehmern verstärkt gelehrt werden, Aggressoren so zu begegnen, dass eine Gewaltsituation schnell entschärft werden kann. Damit Frauen sich bestmöglich in kritischen Situationen verhalten, müssen sie folgendes in den Übungsstunden erlernen und verinnerlichen:

Erste Schritte im Konfliktfall (Distanzlehre & Körperhaltung):

  • Die eigene Körpersprache soll vergegenwärtigt, geschult und geübt werden
  • Die Teilnehmer müssen lernen früh selbstsicher aufzutreten und zu reagieren
  • Sicherheitsabstand soll ermittelt werden (ab welcher Distanz bin ich für gegnerische Angriffe erreichbar)
  • Reaktion bei Unterschreitung des Abstandes (z.B. selbstbewusste, aktive Abwehrhaltung annehmen, umstehende Personen durch Abwehrstellung „ansprechen“, Aggressor einschüchtern)
  • Frauen sollen lernen, lautstark auf sich aufmerksam zu machen („Stopp!“, „Ich brauche Hilfe!“, im Extremfall sogar „Hilfe, Vergewaltigung!“)

Körperliche Schulung:

  • Hemmungen sollen benannt, erkannt und kontrolliert werden
  • Verteidigungsübungen dienen auch stark zur Stärkung des Selbstbewusstseins
  • Den Teilnehmern soll es im Ernstfall leicht fallen, anzugreifen und Aggressoren zu verletzen (sogar mit extremen Vorgehensweisen (Tritt in die Genitalien))
  • Speziell auf weibliche Teilnehmer abgestimmte Verteidigungsübungen sollen trainiert werden (z.B. mit der Handfläche zuzuschlagen, da bei mangelnder Abhärtung der Faust ein hohes Selbstverletzungsrisiko besteht)
  • Beim regelmäßigen Sparring mit dem Trainer/ der Trainerin lernen die Teilnehmer auch mal zuzuschlagen
  • Das authentische Nachspielen einer Gefahrensituation (Rollenspiele) und die Selbstrettung sollen im Vordergrund stehen

Geistige Schulung:

  • Frauen sollen verinnerlichen, dass sie im Notfall auf sich selbst in erster Linie angewiesen sind
  • Sie sollen auch lernen ihre kontrollierbaren und abrufbaren Aggressionen zu entfalten, um sie in Gefahrensituationen für sich sinnvoll nutzen zu können
  • Dadurch dass den Teilnehmern auch physikalische und biomechanische Grundlagen der Kampfkunst gelehrt werden, erhalten sie ein Verständnis dafür, dass die größere Kraft des Mannes nicht bedeutet, dass er auch kämpferisch überlegen ist (Kraft ist erst durch Technik nutzbar).

Sonstiges:

  • Motivation sollte in 3 Richtungen laufen:
    1. Auftritte sollen allen Mitgliedern offen stehen, um das Erworbene zu präsentieren und sich von der Allgemeinheit abzusetzen und so vielleicht andere von einem anderen „Weg“ zu überzeugen.
    2. Ausbildungschancen sollen erhöht werden, z.B. durch Urkunden und Ausbildungen durch den Sportbund.
    3. Ausflüge sollen nicht nur als „Freizeitspaß“ genutzt werden, sondern auch den Teilnehmern vermitteln, dass es mehr gibt und dass die Möglichkeiten für jeden, der sich anstrengt, zu Verfügung stehen. Darüber hinaus schulen Ausflüge das Integrationsvermögen der Teilnehmer.
  • Durch professionelles Training soll den Mitgliedern beigebracht werden, für ihre Ziele noch intensiver zu kämpfen