Sina „Ryu“ Ghasemi Pirouz, bekannt durch sein Gewaltpräventionsprojekt F.I.S.T., über welches wir hier schon ausführlich berichtet haben, hat 2 neue Konzepte ausgearbeitet, die demnächst an den Start gehen. Das Konzept „F.A.U.S.T.“ richtet sich an Jugendliche, die potentielle Opfer von Gewalt sein könnten.

F frühes Reagieren
A Abstand halten
U um Hilfe rufen
S Stellung einnehmen
T Taktisch aktiv werden

Problemstellung in Bergheim und Umgebung:

  • Gewaltprävention wird meist als Werbemittel oberflächlich unterrichtet
  • Auf Umsatz wird in vielen Vereinen und Organisationen mehr Acht gelegt, als auf den Schüler selbst
  • Das Training ist meist unpersönlich und kaum individuell
  • Viele Trainingsvereine/-organisationen bauen mehr Aggressionen auf, als sie abzubauen (z.B. wird starker Konkurrenzdruck aufgebaut)
  • Es wird mehr auf Leistung acht gelegt, als auf Leistungssteigerung
  • Viele Organisationen sind meist an ihre Traditionen oder Vorschriften gebunden und sind deswegen meist sehr „unflexibel“
  • Jugendliche erkennen nicht ihren möglichen Nutzen für die Gesellschaft
  • Ziellosigkeit breitet sich immer weiter bei Jugendlichen aus
  • Sie fühlen sich ersetzbar
  • Arbeit wird nur noch als Notwendigkeit empfunden
  • Filme, Spiele und Internet verkaufen Brutalität als toleriertes Mittel, um Aufmerksamkeit auf sich zu lenken
  • Die Gewaltverherrlichung nimmt ständig zu
  • Begriffe wie Ehre und Männlichkeit werden missverstanden

Unterschied zwischen Gewaltprävention für Gewaltbereite (potentielle Aggressoren) und Jugendliche (potentielle Opfer eines Gewaltverbrechens):

Hier soll den Teilnehmern verstärkt gelehrt werden, Aggressoren so zu begegnen, dass eine Gewaltsituation schnell entschärft werden kann.

Damit die Teilnehmer sich bestmöglich in kritischen Situationen verhalten, müssen sie folgendes in den Übungsstunden erlernen und verinnerlichen:

Erste Schritte im Konfliktfall (Distanzlehre & Körperhaltung):

  • Die eigene Körpersprache soll vergegenwärtigt, geschult und geübt werden
  • Die Teilnehmer müssen lernen, früh selbstsicher aufzutreten und zu reagieren
  • Sicherheitsabstand soll ermittelt werden (ab welcher Distanz bin ich für gegnerische Angriffe erreichbar?)
  • Reaktion bei Unterschreitung des Abstandes (z.B. selbstbewusste, aktive Abwehrhaltung annehmen, umstehende Personen durch Abwehrstellung „ansprechen“, Aggressor einschüchtern)
  • Jugendliche sollen lernen, lautstark auf sich aufmerksam zu machen („Stopp!“, „Ich brauche Hilfe!“)

Körperliche Schulung:

  • Hemmungen sollen benannt, erkannt und kontrolliert werden
  • Verteidigungsübungen dienen auch stark zur Stärkung des Selbstbewusstseins
  • Den Teilnehmern soll es im Ernstfall leicht fallen anzugreifen und Aggressoren zu verletzen (sogar mit extremen Vorgehensweisen (Stich in die Augen)
  • Speziell auf die Teilnehmer abgestimmte und individuelle Verteidigungsübungen sollen trainiert werden (z.B. mit der Handfläche zuzuschlagen, denn bei mangelnder Abhärtung der Faust besteht ein hohes Selbstverletzungsrisiko)
  • Beim regelmäßigen Sparring mit dem Trainer/ der Trainerin lernen die Teilnehmer auch mal zuzuschlagen
  • Das authentische Nachspielen einer Gefahrensituation (Rollenspiele) und die Selbstrettung sollen im Vordergrund stehen
  • Die motorische Fähigkeiten wie Schnelligkeit, Differenzierungsfähigkeit, Gleichgewicht etc. sollen verbessert werden

Geistige Schulung:

  • Die Teilnehmer sollen verinnerlichen, dass sie im Notfall auf sich selbst in erster Linie angewiesen sind
  • Sie sollen auch lernen, ihre kontrollierbaren und abrufbaren Aggressionen zu entfalten, um sie in Gefahrensituationen für sich sinnvoll nutzen zu können
  • Dadurch, dass den Teilnehmern auch physikalische und biomechanische Grundlagen der Kampfkunst gelehrt werden, erhalten sie ein Verständnis dafür, dass die größere Kraft des Mannes nicht bedeutet, dass er auch kämpferisch überlegen ist (Kraft ist erst durch Technik nutzbar).
  • Die Kunst des physischen Kampfes soll als die Kunst unterrichtet werden, mit der man keinen Konflikt lösen sollte
  • Jugendliche sollen ihr Verantwortungsbewusstsein stärken und Mut zur Lücke entwickeln
  • Nicht das Training des Körpers sollte im Vordergrund stehen, sondern die freie Entwicklung des Charakters und das Streben nach Perfektion

Sonstiges:

  • Durch professionelles Training soll den Mitgliedern beigebracht werden, für ihre Ziele zu kämpfen
  • Motivation sollte in 3 Richtungen laufen:
    1. Auftritte sollen allen Mitgliedern offen stehen, um das Erworbene zu präsentieren und sich von der Allgemeinheit abzusetzen und so vielleicht andere von einem anderen „Weg“ zu überzeugen.
    2. Ausbildungschancen sollen erhöht werden z.B. durch Urkunden und Ausbildungen durch den Sportbund.
    3. Ausflüge sollen nicht nur als „Freizeitspaß“ genutzt werden, sondern auch den Teilnehmern vermitteln, dass es mehr gibt und dass die Möglichkeiten für jeden, der sich anstrengt, zu Verfügung stehen. Darüber hinaus schulen Ausflüge das Integrationsvermögen der Teilnehmer.

Weiterhin wird es ein spezielles F.A.U.S.T. -Konzept für Frauen geben, dort wird dann auch eine Frau die Übungsleiterin sein. Mehr Details dazu demnächst hier im SüdWestWind-Blog.

Gewaltpräventionsprojekt F.I.S.T. (First I Start Thinking!)

Dass die asiatischen Kampfsportdisziplinen einen guten Platz zur Kanalisierung und zum Abbau von Agressionen bieten, hat sich hoffentlich mittlerweile überall herumgesprochen. Aber man kann auch noch einen Schritt weiter gehen. Der junge Kampfsportlehrer Sina Ghasemi Pirouz (Bild Mitte) hat einen beispielhaften Projektansatz gestartet, den wir hier gerne vorstellen möchten.

Durch professionelles Training soll den Mitgliedern beigebracht werden, für ihre Ziele zu kämpfen. Die Kunst des Kampfes soll als die Kunst unterrichtet werden, mit der man keinen Konflikt lösen sollte. Kinder sollen lernen, in Gefahrensituationen laut auf sich aufmerksam zu machen. Durch die Distanzlehre soll den Teilnehmern vermittelt werden, wie man sich in gefährlichen Situationen selbstbewusst und dennoch deeskalierend verhalten sollte. Den Schülern soll vermittelt werden, dass jede Form von einem physischen Kampf ein verlorener Kampf ist. Jugendliche sollen ihr Verantwortungsbewusstsein stärken und Mut zur Lücke entwickeln. Nicht das Training des Körpers sollte im Vordergrund stehen.

Detailliertere Informationen zum Projekt, dem Projektleiter und seinen Zielsetzungen finden Sie im Bereich Projekte auf unserer Vereinshomepage.

Da das Projekt großen Erfolg für alle bewies, wird es von nun an höchstwahrscheinlich jedes Halbjahr mit einer neuen Gruppe, die von dem Sozialpädagogen M. Broich ausgewählt wird, stattfinden. Rückfragen leiten wir über unser Kontaktformular gerne an Sina Ghasemi weiter.