4.500 Stunden Nächstenliebe

Stille Helfer im Stadtteil Süd-West

Seit 2007 gibt es in Süd-West das Projekt „Freiwillige Begleiter für Menschen mit Demenz“. Die Akteure stammen aus dem bereits seit 2002 bestehenden Seniorennetzwerk, das zunächst einen ehrenamtlichen Besuchs- und Begleitdienst ins Leben rief. Hier werden Hilfen im normalen Alltag, wie Einkäufe und Arztbesuche geleistet. Auf Wunsch wird auch vorgelesen oder Ähnliches. Der demografische Wandel brachte den enormen Bedarf an Hilfe für Demenzerkrankte bzw. Unterstützung für deren Angehörige ans Licht, so dass die Protagonisten aus dem Besuchs- und Begleitdienst auf eine Erweiterung ihrer Tätigkeit nach entsprechender Schulung angesprochen wurden.

Inzwischen gibt es ein Team von ca. einem Dutzend speziell durch den Rhein.Erft.Kreis ausgebildeter Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtlern unter der Leitung von Anni Wilbertz, darunter auch vier Ehrenamtlerinnen mit Migrationshintergrund. Das Projekt ist als niedrigschwelliges Betreuungsangebot durch den Regierungspräsidenten in Münster anerkannt und dient in erster Linie der Entlastung pflegender Angehöriger von Demenzkranken.

Anni Wilbertz und Ena Farfsing gaben Auskunft über die Arbeit mit ihren „Gästen“. Von Kranken und Krankheiten wird in dem Zusammenhang nämlich nicht gesprochen.

Das Angebot der Gruppe aus Süd-West & Stadtgebiet beinhaltet zwei Termine im AWO Seniorenzentrum Quadrath-Ichendorf „Cafe Zeit“ pro Monat, jeweils dienstags und einen Termin im AWO Seniorenzentrum Bergheim-Kenten „Cafe Vogelwäldchen“ jeden 2. Donnerstag im Monat. Die Gäste kommen als Besucher in die Seniorenzentren und werden möglichst 1:1 betreut. Zurzeit gibt es 6 Betreuer auf 7 – 8 Gäste. Die Gäste werden von den Betreuern sowohl abgeholt als auch nachhause gebracht. Für die Dauer von jeweils drei Stunden wird ein vielseitiges Programm angeboten. Das geht von Kaffeetrinken über Gedächtnistraining, Singen, Sitzgymnastik, Ballspiele, Geschichten erzählen bis Tanzen, je nach Bereitwilligkeit und gesundheitlicher Tagesform der Gäste. Manchmal nimmt man an den Veranstaltungen der Seniorenheime teil. Anni Wilbertz und Ena Farfsing sind sich einig, dass die Gäste den Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtlern gegenüber deutlich mehr Bereitwilligkeit und Ehrgeiz an den Tag legen als gegenüber den eigenen Angehörigen. Das mag auch daran liegen, dass die Angehörigen regelmäßig rund um die Uhr mit Problemen beschäftigt sind und die Gäste den Personen- und Ortswechsel als eine willkommene Abwechslung wahrnehmen. Allerdings bereitet sich Anni Wilbertz auf jeden Nachmittag vor und arbeitet ein Programm aus, das die Betreuerinnen und Betreuer erfolgreich durchführen können.

Die Arbeit in den Seniorenzentren ist aber nur ein Teil des Angebotes, das diese bewundernswerte Gruppe bietet. Per Telefonanruf können die Angehörigen von Demenzpatienten um einen Informationsbesuch bitten. Wenn die ‚Chemie stimmt’ wie Anni Wilbertz es ausdrückt, werden 1 – 3 Stunden (auch an Wochenenden) vereinbart, an denen ein Mitglied des Teams in der Wohnung der Familie vor Ort ist und eine sinnvolle Beschäftigung mit der oder dem Erkrankten ausübt. Sehr beliebt sind Erzählungen aus der Vergangenheit, von denen man durch intensive Gespräche mit den Angehörigen Kenntnis erhalten hat. Wenn möglich geht es auch nach draußen zu einem Spaziergang. Auch hier habe man es mit ‚aufgeschlossenen’ Gästen zu tun. Dieser Service wird auch im Falle eines Krankenhausaufenthaltes angeboten. Wie Anni Wilbertz und Ena Farfsing berichten, sind die Krankenhäuser aufgrund von Personalmangel oft nicht in der Lage, den enormen Pflegeaufwand für diese sehr speziellen Patienten zu leisten.

Die pflegenden Angehörigen können für die beschriebenen Leistungen dieses niedrigschwelligen Angebotes bei den Pflegekassen einen Antrag auf zusätzliche Betreuungsleistungen stellen und pro Monat zwischen € 100 – 200 genehmigt bekommen. Die Ehrenamtlerinnen/Ehrenamtler erhalten pro Stunde € 7,50. Der Fahrtkostenzuschuss beträgt € 7,50 pro Einsatz. Daraus ergibt sich ein Anspruch pro Familie von ca. 13 – 26 Stunden im Monat. Die Angehörigen stellen einen entsprechenden Antrag bei ihren Krankenkassen und legen die Monatsrechnung des Freiwilligen Begleitdienstes vor. Der Erlös aus den Stunden in den Cafes fließt in eine Gemeinschaftskasse, von der auch der immer noch bestehende rein ehrenamtliche Besuchs- und Begleitdienst profitiert, denn insgesamt sind 18 Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler tätig. Man steckt dieses Geld in gemeinsame Unternehmungen, z.B. einen Ausflug, Fortbildung und Arbeitsmaterial. Abschließend sei erwähnt, dass Anni Wilbertz für ihre Teams im vergangenen Jahr 4.500 Arbeitsstunden notiert hat. Diese Leistung verdient unsere höchste Anerkennung. Für Rückfragen, Beratung und Auskünfte steht Anni Wilbertz unter der Rufnummer 02271 42451, E-Mail wilbertzBM@t-online.de gerne zur Verfügung.

Für den SüdWestWind
Ursula Schlößer