Reportage: KulturWind XXXVII – KulturWind goes Classic

FuNTASTIK platzt aus allen Nähten

Der Ansturm auf das FuNTASTIK am Freitag, 28.09. kam für die Kulturkreisler unerwartet. Zum ersten Mal konnten nicht alle Gäste hereingebeten werden. Der große Gruppenraum platzte ob der vielen Zuschauer aus allen Nähten, denn ca. 1/3 der Fläche wurde als Bühne für die Elevinnen benötigt. Doch die Freude über das rege Interesse an der klassischen Veranstaltung überwog.

Nach einem musikalischen Auftakt durch Christian Kaltchev am Klavier mit der Polonaise op. 26 Nr. 1, cis-moll von Frédéric Chopin waren die Zuschauer bereits festlich eingestimmt.

Dann eröffnete die Leiterin der Tanz- und Ballettschule belaro Inessa Bergs ihr Programm der ‚Getanzten Kostbarkeiten des Balletts‘. Dazu hatte sie 24 ihrer Elevinnen im Alter zwischen drei und fünfzehn Jahren mitgebracht. Inessa Bergs referierte über den Tanz allgemein bis zurück in die Zeiten der Felsenmalerei als Medium der Menschen, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen.


Fotos: Irina Mertens und Jo Röhrig mit freundlicher Genehmigung

Als ersten Programmpunkt begeisterte Evin Bergs mit einem ukrainischen Volkstanz, den sie im landestypischen Kostüm sehr temperamentvoll und professionell vortrug, begleitet vom Klatschen begeisterter Zuschauer.

Dann folgte eine Präsentation der deutschen Polka, die ursprünglich aus dem slawischen Raum stammt aber deren Tanzschritte in Deutschland schon lange vor 1800 als Hopser nachweisbar sind, belegt durch die Bauernkantate von J.S. Bach.

Inessa Bergs brachte hierfür die kleinsten und kleineren Elevinnen zum Einsatz. Diese waren in ihren bunten Kostümen nicht nur eine optische Augenweide, sondern beeindruckten auch durch vollkommene Beherrschung der Choreographie.

Danach erschien die Aurora aus dem populärsten Ballett überhaupt, dem Dornröschen nach der Musik von Piotr Iljitsch Tschaikowski op. 66 und dem Märchen von Charles Perrault. Schon Ludwig XIV. hatte dieses Ballett zu seinem Favoriten erklärt. Interpretin war heute die 15-jährige Lara Zimmermann, die man wirklich schon als großes Talent bezeichnen kann. Sie tanzte ein fehlerfreies Solo zu der Musik des Hochzeits-Pas-de-deux. Dafür wurde sie mit tosendem Beifall belohnt.

Nach einer Pause ging es weiter mit Szenen aus dem Ballett Don Quichotte nach der Musik von Léon Minkus und der Choreographie von Marius Petipa. Die spanischen Klänge, die farbenprächtigen Kostüme, die Anmut der Tänzerinnen und die gekonnten Schrittfolgen fanden einhellige Bewunderung bei den Zuschauern, die lautstark Beifall spendeten.

Es folgte die Ballade op. 10 No. 1 von Johannes Brahms mit Christian Kaltchev am Klavier.

Als Abschluss hatte sich Inessa Bergs eine eigene Choreographie zum Soundtrack und dem Chor der Kinder aus Schindlers Liste ausgedacht. Es gibt wohl kaum einen Erwachsenen, der den Film von 1993 mit der traurig-süßen Musik von John Williams (geb. 08. Februar 1932) nicht kennt. Inessa Bergs war sparsam mit Stilelementen. Die ausgewählten Elevinnen trugen knielange Blockstreifen-T-Shirts in schwarz-weiß, offenbar symbolisch für die Unterdrückung in den Konzentrationslagern. Eine größere Elevin trug ein dünnes weißes Gewand und drückte durch Gestik, Bewegung und Mimik unsagbaren Schmerz aus, während die zarteste und kleinste Elevin in einem roten Gewand über die Bühne huschte, verzweifelt und in völligem Unverstand über die erlittene Grausamkeit. Die Darbietung fand ihren Höhepunkt, als die ‚Kinder-Gefangenen‘ das kleine Mädchen offensichtlich leblos auf ihren Schultern von der Bühne trugen. Das war schwer zu ertragen, jedoch eine Mahnung an das kollektive Gedächtnis der Erwachsenen.

Zum Schlussbild kam Inessa Bergs mit allen Künstlern noch einmal auf die improvisierte Bühne und verneigte sich vor dem aufmerksamen Publikum, das die großartige Leistung mit nicht enden wollendem Applaus belohnte.

Die Kulturkreisler überreichten im Namen des SüdWestWind einen bunten Herbststrauß und dankten Inessa Bergs sehr herzlich für die professionelle und bereichernde Darbietung.

Nur langsam leerte sich das FuNTASTIK. Die Zuschauer waren hoch beglückt, wie zu hören war, und einige Kinder machten sich im Polka-Schritt auf den Heimweg.

Für den SüdWestWind und die Kulturkreisler
Ursula Schlößer