Reportage: KulturWind XVI – Wanderung durch Zeit und Raum

Historischer Stadtrundgang und Besuch im Museum BERGHEIMAT

Die Expedition in die Vergangenheit war sehr aufschlussreich für die Teilnehmer, die am 19.07. im FuNTASTIK gestartet waren und zunächst gebannt den Erzählungen von Frank-Rainer Hildenbrand lauschten. Er begann seinen Vortrag im Foyer des Museums und wies auf die mit alten Zeitungsartikeln aus Bergheim tapezierte Wand im Eingangsbereich der „BERGHEIMAT“ hin. Schon allein der Name des Museums, der aus Berg, Heim und Heimat besteht, birgt eine starke Symbolkraft. Umgeben ist der Schriftzug von den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, z.B. dem Aachener Tor, dem Wasserschloss Paffendorf, dem Römerturm, den Windmühlen, dem Tagebaubagger, der Remigius Kirche usw.

Die Lampen im Foyer repräsentieren den Stil der 60-er Jahre. Beim Betreten des Ausstellungsraums fällt der Blick auf den Gautschbrief von Peter Doepgen (Großvater des 1991 verstorbenen F.L. Peter Doepgen), in dessen traditionsreicher ehemaliger Druckerei das Museum seinen Platz gefunden hat. Die Urkunde ist eine Bestätigung des erfolgten Gautschens bei Buchdruckern u. Schriftsetzern, ein Brauch, der bis ins 16. Jh zurückverfolgt werden kann. Als Gautschen bezeichnete man das Untertauchen der Lehrlinge in einer Bütte als Teil der Lossprechungszeremonie. Es symbolisierte den ersten Entwässerungsschritt nach dem Schöpfen des Papiers (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gautschen).

Die Exponate sind auf Modulen präsentiert, die die Form der 15 Stadtteile Bergheims haben und wie ein Puzzle auch zusammen geschoben werden können, um dann die gesamte Stadt darzustellen. Herr Hildenbrand erklärt anhand weniger exquisiter Ausstellungsstücke die Historie Bergheims. Mit dem inzwischen zusammen getragenen Fundus könnte man mehrere Museen füllen, so F.-R. Hildenbrand. Man habe sich jedoch dafür entschieden, diesen in mehreren Lagern aufzubewahren und bei Bedarf jeweils themengerecht besondere Stücke zusammen zu stellen.

Stolz weist er auf eine römische Gesichtsmaske hin und berichtet aus der Römerzeit und von den Pilgerströmen, die das Leben und den Handel in Köln und Aachen geprägt haben. In Köln waren es die Heiligen Drei Könige, die Erzbischof Rainald von Dassel, Erzkanzler von Italien unter Kaiser Friedrich I Barbarossa aus Mailand überführt hatte, und im Aachener Dom befanden sich das Lendentuch Christi, das Marienkleid und das Enthauptungstuch Johannes des Täufers, die die großen Pilgerströme anlockten. Für die Pilger lag Bergheim auf dem Weg, so dass hier Verpflegung und Unterkunft in Anspruch genommen wurden, was zur Belebung der Gastronomie und des Handels beitrug. Bergheim zählte zunächst nur 5.200 Einwohner; inzwischen sind es nahezu 60.000. Es gab fruchtbaren Lößboden und die Erft, die in den Rhein mündete und als Transportweg genutzt werden konnte.

Der Geschichten und Informationen sind zu viele, um sie an dieser Stelle alle aufzuzählen, zumal Astrid Machuj (Stadtführerin) die Gruppe noch auf einem Rundgang durch die alte Bergheimer City begleitete und überaus spannende Berichte auf Lager hatte.

Die von ihr vorgetragene Sage über die Entstehung des Klosters Bethlehem soll aber unbedingt erwähnt sein, denn dieses 1648 gegründete Franziskanerkloster sowie die nachfolgende Niederlassung der Elisabethinnen fielen 1967 dem Braunkohleabbau zum Opfer, so dass nur noch Überlieferung die Erinnerung wach halten kann. Astrid Machuj deklamierte dazu die Ballade von Josef Benninghaus, die hier auszugsweise zu lesen ist und Appetit auf das komplette Gedicht machen soll. Stadtführerin Marianne, die Frau des Nachtwächters, präsentiert das Gedicht in voller Länge am 9.8. und 30.8. um 20.00 Uhr und am 18.10. und 15.11. um 18.45 Uhr auf ihrem Rundgang durch die Stadt.

Kloster Bethlehem
Strophen 1-6

Es pochte ans Forsthaus spät in der Nacht:
„Waldhüter, Waldhüter aufgemacht!
habt Ihr´s noch nicht vernommen?
In Bergheims Kirche brach man ein
Und raubte des Altares Schrein
Den Kelch, die Monstranz mit der Hostie rein.
Die Räuber sind entkommen.

Sie nahmen den Weg hier hinauf zum Wald.“
„Ging eben zur Ruhe, komme bald,“
Sprach der Alte. „Nun wollen wir suchen.“
Und die Flinte griff er von der Wand;
Der Küster nahm die Laterne zur Hand;
Und die Augen ins nächtliche Dunkel gespannt,
Streiften die zwei durch die Buchen.

Der Diebe Spuren fanden sie nicht.
Doch strahlte beim Heimgang ein helles Licht,
Wo dunkel die Tannen standen.
Das funkelt und leuchtet, das glänzt und glüht
Noch heller, wie wenn ein Diamant sprüht.
Doch wie sie sich auch nach dem Grunde bemüht,
Den Urquell des Lichts sie nicht fanden.

„Ich sag´s dem Pfarrer und künd´ es dem Amt,
Die mögen ergründen, woher es stammt
Und ob ein Wunder geschehen.
Gute Nacht, Waldhüter. Wir merken den Ort.
Seht, langsam verglimmet das Glühen dort!
War´s Elfengeschmeid, ein Zwergleins Hort?
Das werden wir morgen sehen.“

Man kam an den Ort, wo der Lichtquell quoll.
Da rief der Priester, des Staunens voll:
„Ein Zeichen Gott uns sendet!“
Eine Hostie hob er vom grünen Grund,
Und bebend sprach sein frommer Mund:
„Die Frevler mach uns, Heiland, kund,
Die deinen Leib geschändet!“

Und zum Boden bückte der Vogt sich drauf.
Ein Messer hob er vom Wegrand auf;
Das machte zur Schau nun die Runde.
„Solch Messer hab´ich in Aachen bestellt
Dem Kirchmeister drüben von Weidenfeld.
Seht hier: Maria, von Glorie umhellt!“
So klang´s aus des Mesners Munde.

Wie das Messer nun den bzw. die Übeltäter entlarvte und welche Strafe diese erdulden mussten, würde gerne Marianne persönlich erzählen und auch vom Bau einer Gnadenkapelle berichten, die ebenfalls Pilgerströme in den Bethlemer Wald in der Ville südwestlich von Oberaußem nach sich zog.

Für den SüdWestWind und die Kulturkreisler
Ursula Schlößer