Reportage: Ein Herz für Südafrika

Ein wenig afrikanisch sollte es schon anmuten, als Ursula Schlößer alias Louisa Raven ihre im Februar erschienene Autobiografie zum ersten Mal vorstellte. Kostproben daraus las sie am 12.11.2021 in der Stadtbibliothek Bergheim. Die aussagekräftigen Bildbände mit den herrlichsten Fotografien von Südafrikas Landschaften, der Tierwelt und den Menschen dieser Regenbogennation boten die Basis für die folgenden begeisterten Beschreibungen der Autorin. Die Autobiografie mit dem Titel ‚Letzter Aufruf für Louisa Raven‘ traf auf 23 aufmerksame Zuhörerinnen und Zuhörer, die gebannt an ihren Lippen hingen.

Ursula Schlößer unterbrach ihren Lesevortrag häufig durch das Einstreuen von kleinen Anekdoten persönlicher Art und historischen Ereignissen der infrage stehenden Zeit von 1963 bis 1965, in der ihr Roman spielt. Wichtig war, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass es vor 58 Jahren in Südafrika weder TV noch Smartphones gab und der einzige Nachrichtensender in Südafrika Springbok Radio war.

Fotos: H.J. Schloesser mit freundlicher Genehmigung der Anwesenden

Zu ihrer persönlichen Situation erfuhr man, dass sie sich als Kriegskind bezüglich Schulbildung beruflich in einer recht chancenlosen Ausgangssituation sah. Dies änderte sich durch das Studium der englischen Sprache im Mutterland. Nach zwei Jahren beherrschte sie die englische Sprache fließend. Nur dadurch war es ihr gelungen, einen Auslandsvertrag mit einem Industrieofenbauunternehmen auszuhandeln, der ihr eine Tätigkeit in Südafrika als Sekretärin und Pressesprecherin ermöglichte. Diese Aufgaben in einem fernen Land mit der problematischen strengen Apartheidspolitik waren eine enorme Herausforderung für die erst 22-jährige. Schon am Tage ihrer Ankunft fiel ihre gesamte Barschaft einem Diebstahl zum Opfer und für die Folgezeit musste sie ihre Sensoren auf größtmögliche Achtsamkeit einstellen. Zäune, Gitter, Wachhunde sowie tägliche Berichte über kriminelle Akte wurden zum Alltag. In einem Kreis von eingewanderten Deutschen, Schweizern und Österreichern fühlte sie sich jedoch geborgen und in ihrer Gesellschaft lernte sie auch die Vorzüge Südafrikas kennen und schätzen.

In ihren Erinnerungen beschreibt sie u.a. den berühmten Krügerpark, das Voortrekker Monument in Pretoria, Durban am indischen Ozean, den Besuch der Ndbele (Stammesgruppe), die Viktoriafälle im damaligen Rhodesien/Sambia und die Fahrt mit dem Blue Train von Johannesburg nach Kapstadt. Ihre Reise endet mit einer 24-tägigen Seereise vom Kap der Guten Hoffnung nach Venedig mit zahlreichen Zwischenstopps entlang der Ostküste Afrikas. An den Viktoriafällen zieht sie den Vergleich mit dem Forscher und Missionar David Livingston, der die Fälle als erster Europäer 1855 entdeckte. Er liebte dieses Land und seine Menschen sehr. Nach seinem Tod entnahmen seine Weggefährten sein Herz und begruben es unter einem Baum (wahrscheinlich einem Affenbrotbaum/Baobab). Nur seine sterbliche Hülle wurde einbalsamiert und zur letzten Ruhe in die Westminster Abbey nach London verbracht. Die Autorin fand, dass man mit ihrem Herzen ebenso verfahren könne. Schrieb sie doch beim Abschied von ihren Weggefährten: „Eines Tages werde ich zurückkommen, aber in vieler Hinsicht werde ich Südafrika niemals verlassen.“

Auf ihrer Zugfahrt von Venedig nach Köln lässt sie die vergangenen ereignisreichen Jahren Revue passieren: War ihre Mission erfolgreich und wird es ein privates Happy End für sie geben?